Dienstag, 20. April 2010

Straßenverkehr

Ich will an einer großen Ampelkreuzung in Berlins Mitte links abbiegen und stehe mit meinem Fahrrad auf der dafür vorgesehenen Spur. Die grenzt direkt an die Rechtsabbiegerspur der Autos. So müssen alle, die rechts abbiegen wollen, etwas weiter ausholen, um mich zu umrunden, weil die schon grün haben und ich noch rot.
Stünde ich nicht da, könnten sie quer über den Radweg fahren. Nun benutze ich aber unverschämterweise diesen Weg. Verständlich, daß der rechtsabbiegende Motoradfahrer mich von der Seite anpöbelt, ich solle gefälligst nicht auf der Straße stehen. Was habe ich da auch verloren? Ausgerechnet in dem Moment, in dem seine Hoheit, der Organspender auf Rädern, dort abbiegen will. Überhaupt haben Fahrradfahrer auf der Straße nichts zu suchen! Die sollen zu Hause bleiben und Körner fressen, Bäume streicheln und Wale retten.
Selbstverständlich muß der LKW-Fahrer, der folgt, mich anhupen und beinahe umnieten. Schließlich muß renitenten Anarchisten wie mir eine Lehre erteilt werden.

Dienstag, 23. Februar 2010

Heute: Spaß in der Wirtschaftskrise

Gehen Sie mit einem offiziell aussehenden Dokument bewaffnet zu einer Bank Ihrer Wahl, legen Sie dem Bankangestellten das Dokument auf den Tisch und sagen Sie: "Schönen guten Tag. Ich möchte gern meine Konten bei Ihnen auflösen." Der Gesichtsausdruck des Gegenübers kann einem den Tag retten. Allerdings sollte man verschwunden sein, bevor der Angestellte sich wieder gefangen hat und einem erklären will, warum die eigene Bank besser ist als alle anderen. Das mindert den Spaß erheblich.

Das Experiment kann auch funktionieren, wenn "Wirtschaftskrise" nicht gerade das am häufigsten verwendete Wort in lokalen Druckerzeugnissen darstellt. Jedenfalls in der Stadt, in der laut Kurt Krömer die Freundlichkeit quasi erfunden wurde.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

Freitag, 12. Februar 2010

Heute: Übergötter in Weiß

Die folgende Geschichte erreichte die Berlin-zum-Abgewöhnen-Redaktion:

Ein normaler Arbeitstag in der klinischen Forschung.
Die Probanden haben einen strikten Zeitplan:
Erster Proband:
8:25 Uhr – 8:55 Uhr Frühstück (Speiseraum, 2.OG)
8:56 Uhr Blutentnahme (im Zimmer, 1. OG)
9:00 Uhr Medikation (anderes Zimmer, 1. OG).

Zweiter Proband: Dasselbe um acht Minuten nach hinten verschoben.

An dem Plan läßt sich erkennen, daß die Blutentnahme keinesfalls pünktlich stattfinden kann und insgesamt nicht viel Zeit dafür bleibt.
Die Blutentnahme wird von Schwester R. durchgeführt, die Medikation vom Arzt. Nennen wir ihn Dr. Ging.

Dr. Ging ließ Schwester R. über einen Medizinstudenten ausrichten, in welches Zimmer sie die Probanden zur Medikation schicken sollte. Kurz darauf stand der Arzt im Probandenzimmer und sagte ihr dasselbe noch einmal persönlich, während sie mit der ersten Blutentnahme beschäftigt war. Er fügte noch hinzu: Dann brauchen wir noch Wasser. Schwester R. wies ihn darauf hin, daß im Medikationsraum kistenweise Wasserflaschen lagerten, leicht verwundert, daß ihm das nicht aufgefallen war.
Etwas Unverständliches vor sich hin murmelnd verließ Dr. Ging das Zimmer.

Einige Zeit danach saß Schwester R. mit ihren Kollegen beim Frühstück. Dr. Ging betrat den Raum und sagte etwas in die Runde, was R. nicht weiter beachtete. Sie wurde dann auf ihn aufmerksam und hörte „…, Madame.“ Auf ihre Rückfrage bestätigte er, daß er sie damit meinte. Sie beschloß, sich durch diese Beleidigung nicht provozieren zu lassen. Dr. Ging warf ihr vor, den Probanden keine Gläser mitgegeben zu haben, obwohl er danach verlangt hätte. Die würden nun fehlen. Während R. ihm noch erklärte, daß er nur von Wasser, nicht von Gläsern gesprochen hatte, wies Medizinstudentin K., die neben R. saß, darauf hin, daß in dem Schrank, neben dem der Arzt stand, jede Menge Gläser stünden. Der Arzt ignorierte die Studentin und verlangte weiter nach Gläsern. R. wiederholte den Hinweis von K. mit der Bemerkung: „Das steht sogar dran.“ Dr. Ging darauf mit einem etwas unsicheren(?) Lächeln: „Ach ja?“ Selbst wenn R. akustisch verstanden hätte, daß sie Gläser hätte organisieren sollen, hätte ihr die Zeit dazu gefehlt. Er allerdings hatte offenbar für alles Zeit, sah solche Botengänge aber scheinbar als unter seiner Würde an. Dies jedenfalls ging R. durch den Kopf, weshalb sie nicht mal ansatzweise Anstalten machte, die unterwürfige Schwester zu spielen und einfach sitzen blieb. Dr. Ging wandte sich um und verließ den Raum. Im Hinausgehen murmelte er noch etwas. Es war: „…bringst mir dann noch die Gläser…“, wie diejenigen, die es verstanden hatten, R. mitteilten.

Am Tisch entspann sich eine Diskussion darüber, was nun zu tun sei. Ein Medizinstudent, der R. keine überzeugenden Argumente dafür liefern konnte, dem Arzt die Gläser hinterherzutragen, tat das dann selber. Er fürchtete unangenehme Konsequenzen.

Soll man nun über Dr. Ging lachen, weil er unmöglich glauben kann, daß erwachsene Menschen ein solches Verhalten ernst nehmen? Oder muß man ihn bemitleiden, weil er es nötig hat, sein Ego durch alberne Machtspielchen aufzurichten?

Freitag, 22. Januar 2010

Heute: Dinge kaufen oder Der Kunde ist Untertan

Anderswo sagt man zum einkaufen „shoppen“ und verbindet etwas Positives damit.
Hier muß man sich ernsthaft fragen, ob es wirklich gerechtfertigt ist, heute schon wieder einen mißgelaunten 400-€-Jobber zu belästigen, indem man sein hart verdientes Geld in dessen Laden läßt.
Aber der Kühlschrank ist leer, die Katze verhungert, die Schuhe sind durchgelatscht, der PC hat einmal zu oft die Hufe hochgerissen... Da hilft dann alles nichts, man muß raus.
Nach Abzug aller Fixkosten bleibt hin und wieder auch mal etwas Geld für qualitativ hochwertige, größere Investitionen übrig.
Nach reiflicher Überlegung soll es heute also ein Macbook sein. Warum auch nicht? Einen Computer braucht man eh, die Reparatur des alten lohnt nicht (spätestens in zwei Wochen taucht das nächste Problem auf). Ich wollte mir sowieso irgendwann einen Mac zulegen und je eher ich ihn habe, desto länger hab ich was davon. Und als Student krieg ich auch noch einen kleinen Nachlaß. So steht’s jedenfalls im Internet. Aber die Lieferung dauert relativ lange und man möchte ja auch gern vorher anfassen und ausprobieren, was man kauft. Also auf in die Stadt!

Halb erfroren und leicht frustriert, wie immer nach der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, erreiche ich einen innerstädtischen Elektromarkt, der laut Werbung Mario Barth gehört. Ich weiß, daß sich in selbigem ein „Apple Store“ befindet, wo ich naiverweise auf gute Beratung hoffe. Die Verkaufsfläche von Macintosh liegt im obersten Stockwerk. Es braucht kein Psychologiestudium, um zu erkennen, warum die besten Sachen immer ganz oben/ hinten sind: man soll auf dem Weg zur Kasse noch möglichst viel überteuerten Schund mitnehmen. Sonst werden die die Billighandys ja nie los!
In der Apple-Abteilung steht ein nicht in rot gekleideter Herr, der ein Schlüsselband mit angefressenen Äpfeln um den Hals trägt. Er ist mit potentiellen Kunden ins Gespräch vertieft. Dafür nimmt er sich viel Zeit, was mir ein gutes Zeichen scheint. Ich vertreibe mir die Zeit damit, das Objekt meiner Begierde ein wenig auszuprobieren und so etwas wie Will-Haben-Euphorie steigt in mir auf. Zwischendurch signalisiere ich dem Berater durch Blicke, daß ich ihn sprechen will.
Nachdem er sein Gespräch beendet hat, kommt er von selbst(!) zu mir, obwohl ich ihm gerade den Rücken zudrehe.
Auch wenn er bedauert, mir mitteilen zu müssen, daß es bei Wiederverkäufern offiziell keinen Studentenrabatt gebe, ist er offenbar erfreut, mir erklären zu können, warum dies kein reiner Apple Store sei, auch wenn es dranstehe. Jaja, die gute, alte, viel zu leicht zu durchschauende Verkaufspsychologie...
Weil mir der freundliche junge Mann nicht mehr weiterhelfen kann, gibt er mir noch den Tip, mal bei den rotbehemdeten Elektromarktmitarbeitern nach einem Preisnachlaß zu fragen. Ich versprech mir nichts davon, aber ich weiß, ich werd mich ärgern, wenn ich es nicht versuche. Nicht allzuweit entfernt von mir befinden sich vier thresenartige Tische mit Computern drauf. Zwei davon sind sogar besetzt. Einer mit drei Rothemden, einer mit einem. Drei gegen eine, darauf habe ich keine Lust. Früher dachte ich mal, je mehr, desto besser. Wenn einer keine Ahnung hat, fällt den anderen vielleicht was ein. Zum Glück bin ich lernfähig. Ich steuere also zielsicher auf den einzelnen unmotiviert blickenden Kollegen zu und setze mein harmlosestes Gesicht und mein zuckersüßestes Lächeln auf. Ich will den armen Mann ja nicht erschrecken. Er reagiert auch prompt auf mein fröhliches „Hallo!“ Meine Frage gefällt ihm allerdings weniger. „Nee, Studentenrabatt gibt’s hier nich.“ Sein Tonfall und Gesichtsausdruck zeigen mir, daß das Gespräch für ihn beendet ist. „Dann eben nicht“, werfe ich nur noch halb so fröhlich hin und gehe. Daß sein Arbeitgeber seinetwegen heute (und in Zukunft) mein Geld nicht bekommt, verkneife ich mir zu sagen. Ihm zu erklären, daß ein zufriedener Kunde mit großer Wahrscheinlichkeit wiederkommt, weil es sonst keine Unterschiede zum Konkurrenten mit dem Planetennamen, der seine Filiale 100m weiter hat, gibt, würde nur meine Nerven strapazieren. Vielleicht ist es aber auch Firmenpolitik. Man gibt so viel Geld für Werbung aus, daß man es sich einfach nicht leisten kann, langhaarigen Sozialschmarotzern Langzeitstudenten Rabatte einzuräumen. Außerdem ist die Arbeitslosenzahl der Akademiker inzwischen so hoch, daß kaum damit zu rechnen ist, mit denen mal profitable Geschäfte zu machen.

Nun laß ich mir mein neues Lieblingsspielzeug eben versandkostenfrei nach Hause liefern und denke an Kurt Krömer (Kunde: „Ich interessiere mich für diesen Drucker.“ – Verkäufer: “Tja, wem sowat Spaß macht... Ick intressier mich für Fische.“).
Morgen muß ich Milch kaufen. Das wird ein Spaß.

Dienstag, 19. Januar 2010

Heute: Gelber Schnee

Mein Weg zum nächstgelegenen S-Bahnhof führt durch eine parkähnliche Anlage. Die Wege dort sind weder geräumt noch gestreut. Auch von den Straßenlaternen funktionieren nur einige. Das ist verständlich, denn um Straßenbeleuchtung zu reparieren, müßte Geld ausgegeben werden, das für andere Projekte viel dringender benötigt wird, z.B. die Umbenennung von Bahnhöfen.
Ja, liebe Abgeordnete, das ist es, was eine Stadt von anderen abhebt und einzigartig macht: ein Hauptbahnhof! Zudem einer, der erst zum Umsteige- und Fernbahnhof umgebaut werden muß, um diesen Namen zu verdienen.
Es ist natürlich unstrittig, daß diese Stadt auch unbedingt einen Bahnhof namens Südkreuz braucht. Ostkreuz und Westkreuz kämen sich sonst ja blöd vor so alleine. Wann wird Gesundbrunnen endlich in Nordkreuz umbenannt?
Was, ich schmeiß da was durcheinander? Das sind unterschiedliche Ressorts? Die bahnhofsbezogenen Entscheidungen trifft die Bahn?
Kann sein, daß ich da nicht ganz durchsehe. Wer tut das schon? Ist ja auch gar nicht beabsichtigt. Man stelle sich vor, jeder Steuerzahler wüßte, was er da alles finanziert!
Aber zurück zum Thema. Ich rutsche also im Halbdunkel zum Bahnhof, als es neben mir raschelt und ich aus den Augenwinkeln einige bullige Gestalt wahrnehme. Der Typ kommt aus dem Gebüsch, die Fluppe im Gesicht, macht den Reißverschluß seiner Hose zu und guckt mich an.
Nach dem ersten Schreck (Mann-mit-offener-Hose-begegnet-Frau-im-Park kann auch anders interpretiert werden) will ich mich fast entschuldigen, weil ich ihn bei einer privaten Angelegenheit überrascht habe. Aber erstens war er ja schon fertig und zweitens ist er längst weg.
Nun frage ich mich aber ernsthaft: Warum tun Männer das? Warum schiffen sie in die Botanik? Zu Hause sind in der Regel Plusgrade, da friert einem nichts ab. Außerdem gibt’s da Papier, mit dem man den berühmten letzten Tropfen abwischen kann. Wenn das nächste Klo weit entfernt ist und man es nicht mehr aushält, ok. Aber warum gegen einen Baum pinkeln? Der hat doch nichts getan? Warum nicht auf einen Bahnhof? Dreckiger wird der dadurch auch nicht. Aber man kann damit ein politisches Statement abgeben.
Statt dessen muß der Schnee dran glauben. Wird auch Zeit, daß der endlich wegkommt, es ist schließlich schon Mitte Januar.
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